Tumore der Analregion
Einer der häufigsten Gründe, warum Patienten einen Proktologen aufsuchen, ist eine neu entstandene Veränderung oder Schwellung in der Analregion.
Diese Veränderungen können schmerzhaft oder schmerzlos, akut oder über
einen längeren Zeitraum entstanden sein.
Auf jeden Fall sollte der Befund von einem Facharzt kontrolliert werden.
Der bei Weitem größte Teil dieser Veränderungen ist zwar gutartig,
jedoch können, und dies ist für einen Laien nicht zu unterscheiden, selten auch
bösartige Tumore oder deren Vorstufen in dieser Region auftreten.
Im Folgenden möchten wir Ihnen einen Überblick über die häufigsten und
wichtigsten tumorösen Veränderungen der Analregion geben.
Gutartige Tumore
- Marisken: Marisken sind Hautläppchen, die
häufig auch schon in jungen Jahren entweder vereinzelt oder kranzförmig am Rand
des Afters entstehen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Marisken haben
eine weiche, fleischige Konsistenz und werden irrtümlicherweise oft für
Hämorrhoiden gehalten. Medizinisch gesehen sind Marisken harmlos und bedürfen
keiner weiteren Behandlung. Bei ausgeprägtem Befund und dadurch erschwerter Analhygiene
können Marisken auch ambulant in Narkose entfernt werden.
- Perianalvenenthrombose: Perianalvenenthrombosen
treten ebenfalls häufig auf. Es handelt sich um kugelige, glatt begrenzte akut
entstandene Knoten unmittelbar neben dem After. Die Knoten, die häufig eine
bläuliche Färbung haben, können stärkere Schmerzen, ein mäßiges Druckgefühl
oder fast gar keine Beschwerden erzeugen. Ursache ist eine Thrombose
(Verstopfung einer Vene durch geronnenes Blut) in einer der Venen, die als
Kranz rings um den After unter der Haut liegen. Im Gegensatz zu Thrombosen
anderer Regionen des Körpers besteht hier keine gesundheitliche Gefahr. Mögliche Ursachen einer Perianalvenenthrombose können ein starker Durchfall
sein, schwere körperliche oder sportliche Anstrengung, reichlicher
Alkoholgenuss oder bei Frauen hormonelle Schwankungen im Rahmen der Periode und
hoher Druck auf den Beckenboden bei Schwangerschaft und Entbindung. Die Behandlung ist in der Regel konservativ. Kompressenvorlagen, die mit
abschwellenden Nasentropfen und ggf. einem Lokalanästhetikum getränkt sind,
kommen zum Einsatz. Bei stärkeren Beschwerden können zusätzlich auch
entzündungshemmende Schmerzmittel eingenommen werden. Von einer Eröffnung der Thrombose sehen wir aufgrund einer hohen Rate an
Thromboseneubildungen in der Regel ab.
- Hämorrhoiden 3° und 4°: Höhergradige
Hämorrhoiden mit entsprechender Vorfalltendenz erscheinen ebenfalls als
Schwellungen im Bereich des Afters, entwickeln sich jedoch über einen längeren
Zeitraum von Monaten oder Jahren (siehe auch Kapitel Hämorrhoidalleiden).
- Rektumprolaps: Bei einem
Rektumprolaps (auch Mastdarmvorfall genannt) stülpen sich Teile des Mastdarms
oder der gesamte Mastdarm rüsselförmig durch den After nach außen. Dieses
Problem betrifft vor allem Frauen im höheren Alter mit einer ausgeprägten
Beckenbodenschwäche. Neben dem Kontrollverlust über den Stuhlgang besteht auch
die Gefahr einer sogenannten hämorrhagischen Infarzierung, d. h. einer
Minderdurchblutung und schließlich des Absterbens des Gewebes durch den hohen
lokalen Druck. Ein Mastdarmvorfall kann nur operativ behoben werden. Dabei kommen
sowohl Eingriffe infrage, die lokal und ohne Bauchschnitt ( weniger effektiv,
aber schonender) erfolgen, als auch Operationen mit Bauchschnitt (effektiver,
aber höhere Herz-Kreislaufbelastung bei der OP). Welches Verfahren das
geeignetste ist, wird individuell mit dem Patienten und seinen Angehörigen
besprochen.
- Kondylome: Kondylome, auch Feigwarzen
genannt, sind gutartige helle, sich oft spitz und hart anfühlende Knötchen der
Analregion, die durch das humane Papillomavirus (HPV) verursacht sind. Die
Übertragung erfolgt meist sexuell, kann aber auch durch Schmierinfektion
erfolgen. Oft besteht ein ausgeprägter Juckreiz. Die Behandlung richtet sich
nach der Menge und Lokalisation der Tumoren. Bei nur vereinzeltem äußeren
Befall kann ein konservativer Therapieversuch mit Salben und Tinkturen
erfolgen. Bei stärkerem äußeren und jedem intraanalen Befall müssen die
Kondylomherde chirurgisch beseitigt werden. Bei diesem Eingriff, der in Narkose
erfolgt, werden die Herde angefeuchtet, anschließend elektrokoaguliert und
schließlich mit einem sogenannten scharfen Löffel abgeschabt (Wet shaving). Da
die Kondylome nur die oberste Hautschicht befallen, entstehen bei dieser OP-Technik
keine tiefen Wunden. Mit einer Rezidivrate von etwa 30 % stellt das Wiederkehren neuer Herde
auch bei optimaler Behandlung das Hauptrisiko der Erkrankung dar. Deshalb sind
eine engmaschige Nachsorge zur frühzeitigen Erkennung früher Rezidive und die
Untersuchung des Partners besonders wichtig.
Bösartige Tumore und ihre Vorstufen
- Morbus Bowen: Der M. Bowen ist eine sogenannte
obligate Präkanzerose. Das heißt, dass sich die Erkrankung unbehandelt über
Jahre hinweg fast immer zu einem bösartigen Karzinom entwickelt. Diese seltene
Erkrankung geht einher mit der Ausbildung eines braunroten, meist scharf
begrenzten verhärteten Gewebes am Rand des Afters. Meistens werden keine
wesentlichen Beschwerden bemerkt. Allenfalls kann ein lokaler Juckreiz
bestehen. Bei klinischem Verdacht auf einen M. Bowen muss zur Sicherung der
Diagnose zunächst eine Gewebeprobe entnommen und dann bei Bestätigung der Herd
weit im Gesunden chirurgisch entfernt werden.
- Morbus Paget: Auch diese Erkrankung ist selten
und betrifft vor allem ältere Menschen. Typisch ist eine stark juckende, scharf
begrenzte kräftige Hautrötung im Anal- oder Genitalbereich. Abzugrenzen ist der
M. Paget somit von anderen in dieser Region häufig vorkommenden Hautekzemen wie
bei chronisch einwirkender Feuchtigkeit oder einer Pilzinfektion. Auch hier ist
die radikale operative Entfernung nach histologischer Diagnosebestätigung die
Therapie der Wahl.
- Analkarzinom: Wie an jeder anderen Stelle des
menschlichen Körpers kann leider auch in der Analregion Krebs entstehen. Dabei unterscheidet man sogenannte Analrandkarzinome von sogenannten
Analkanalkarzinomen. Erstere sind, was die Prognose und Behandlung angeht, eher
wie Hauttumore, Zweitere eher wie Darmtumore zu betrachten. Äußerlich lassen sich nur Analrandkarzinome feststellen. Typische
Zeichen für die Erkrankung gibt es insbesondere im Anfangsstadium nicht. Eine anhaltende
Gewebsverhärtung, Juckreiz oder Blutungen aus dem After können Hinweiszeichen
sein. Im Zweifel sollte daher unbedingt eine proktologische Untersuchung
erfolgen, da die Erkrankung, frühzeitig erkannt, gute Heilungschancen hat. Welche Behandlung infrage kommt, hängt von vielen Faktoren ab
(histologischer Typ, Tumorstadium, evtl. Vorerkrankungen) und wird für jeden
Patienten individuell in unserer sogenannten Tumorkonferenz im Krankenhaus
Wermelskirchen besprochen. Dabei treffen sich wöchentlich alle an der
Behandlung von Krebspatienten beteiligten Spezialisten (Onkologen,
Strahlentherapeuten, Internisten, Chirurgen und Radiologen), um
für jeden einzelnen Fall die optimale Behandlung zu besprechen. Für das Analkarzinom kommt sowohl eine Operation als auch eine
Bestrahlung in Kombination mit einer Chemotherapie infrage.