15.01.2022
Pastor Alexander Letz in der Kapelle des Krankenhauses: In seiner täglichen Arbeit stellt der Seelsorger fest, dass viele Menschen einsamer geworden sind, ihr Redebedarf deutlich gestiegen ist.
Sie spenden Trost, wenn die Familie fehlt
Pastor Alexander Letz in der Kapelle des Krankenhauses: In seiner täglichen Arbeit stellt der Seelsorger fest, dass viele Menschen einsamer geworden sind, ihr Redebedarf deutlich gestiegen ist.
Die Arbeit der Seelsorger im Krankenhaus und in Altenheimen ist in der Pandemie noch wichtiger geworden
Alexander Letz erinnert sich vor allem an diesen einen Moment: Damals deutete sich an, dass ein Bewohner im Altenzentrum am Vogelsang sterben würde. „Und es gab eine Zeit, in der Angehörige wegen der Pandemie nicht dazu kommen konnten“, sagt der Pfarrer. Das Abschiednehmen am Bett, das Halten der Hand: Die Pandemie verwehrte es den Menschen. Stattdessen stand der Seelsorger mit Pflegern am Bett des Bewohners. „Das war traurig und auch schmerzhaft“, sagt Letz. Die Pandemie hat Spuren hinterlassen – bei Angehörigen, Kranken und auch bei dem Seelsorger.
Zwei Jahre arbeitet der evangelische Pastor inzwischen unter Pandemiebedingungen: „Ich kann meine Arbeit ausüben“, sagt er, „und in meinem Alltag ist die Pandemie weniger präsent als vielleicht in anderen Einrichtungen anderer Städte.“ Gleich zu Beginn trafen Krankenhausleitung und Seelsorger in Wermelskirchen eine Vereinbarung: Ein Besuch auf der Corona-Station würde nur dann organisiert, wenn Patienten das ausdrücklich wünschten. „Dazu kam es aber nicht“, sagt Letz, „ich war in der ganzen Zeit nie auf der Corona-Station im Einsatz.“
Einfach so wie früher klopft er bei den Patienten nicht mehr an
Stattdessen galt seine Arbeit den Kranken, Angehörigen und Mitarbeitern auf den anderen Stationen des Krankenhauses. Natürlich seien er und sein katholischer Kollege Burkhard Rittershaus immer darauf bedacht, so sicher wie möglich zu arbeiten, sagt Letz. „Und in der Zeit, als Besuche zeitlich limitiert waren, wollten wir auch keinem Angehörigen Besuchszeit nehmen“, sagt Letz. Er klopfte nicht einfach an Türen, wie vor der Pandemie. Stattdessen nahm er einzelne Stationen in den Blick oder besprach mit den Pflegekräften, wo es besonderen Bedarf gebe.
Denn es gebe eben auch jene Patienten, die in Corona-Zeiten gar keinen Besuch bekommen – weil Angehörige und Freunde sich um eine Infektion sorgen und ihre vier Wände nicht verlassen oder weil sie selbst Risikopatienten sind. „Dann kommt es vor, dass Angehörige mich anrufen und mich bitten, den Patienten zu besuchen“, berichtet der Seelsorger. Letzt überbringt kleine Nachrichten und nimmt sich vor allem Zeit. Er wird zur Brücke zwischen drinnen und draußen, zwischen Patienten und Angehörigen.
„Das nehme ich in der Zeit der Pandemie besonders wahr: Viele Menschen sind einsamer als vorher“, sagt Letz, „der Redebedarf ist deutlich gestiegen.“ Das gilt für Patienten im Krankenhaus, die nach einer Infektion aus der Isolation kommen. Das gilt aber auch für jene, die wegen ganz anderer Erkrankungen ins Krankenhaus kommen. „Manchmal machen sich die Menschen viele Gedanken um das Virus, ein anderes Mal sind es aber auch ganz andere Gedanken, Probleme und Sorgen, die die Menschen mitbringen.“
Dann ist die Angst vor einer anstehenden Operation so groß, dass Patienten dringend nach dem Pastor rufen. Oder Menschen haben den Wunsch, ihre Familienangelegenheiten zu klären. „Dann trete ich manchmal auch als Vermittler auf“, sagt Letz. Der Seelsorger bleibt präsent – in allen Phasen der Pandemie. Nur die Gottesdienste in der Krankenhauskapelle finden nach wie vor nicht statt. Die Krankenhausleitung habe schon im vergangenen Jahr grünes Licht gegeben, um wieder zu Andachten einzuladen. Aber dann stiegen die Zahlen wieder. „Und wir Seelsorger entschieden uns gegen die Präsenzveranstaltung – das Risiko schien uns zu hoch“, erklärt Seelsorger Alexander Letz
Patienten sehnen sich nach Gottesdiensten
Eine Möglichkeit, die Gottesdienste aus der Kapelle per Video in die Zimmer zu übertragen, gibt es nicht. „Wir haben den Eindruck, dass einigen Menschen dieses Angebot fehlt“, sagt Rittershaus. Das ging auch den Bewohnern im Altenzentrum am Vogelsang zu Beginn der Pandemie so: Der sonntägliche Gottesdienst konnte nicht mehr stattfinden. „Ich habe dann zu Andachten auf den Wohnbereichen eingeladen“, sagt Letz. Drei Gottesdienste am Sonntag und drei am Montag. Die Bewohner freuten sich.
Inzwischen finden die Gottesdienste wieder mit Organist in dem Gottesdienstraum der Einrichtung statt. „Es gab aber Bewohner, die sich wünschten, dass wir weiter im kleinen Rahmen Gottesdienst feiern. Etwas persönlicher“, berichtet Letz. Jedes Vierteljahr lädt er deswegen nun zu Gottesdiensten in den Wohnbereichen ein.
„Wir werden diese Zeit seelsorgerlich und theologisch ganz sicher aufarbeiten müssen und dann auch sehen, was Kirche in Ausnahmesituationen wie diesen noch besser machen kann“, sagt der Seelsorger nach zwei Jahren Corona-Pandemie.
Gemeinden sorgen für Krankenhausseelsorge
Einsatz: Für die Krankenhausseelsorge sind die Evangelische Kirchengemeinde und die Katholische Kirchengemeinde zuständig. Es gibt entsprechende Stellen für Seelsorger. In erster Linie besuchen sie Gemeindeangehörige, über dessen Krankenhausaufenthalt sie informiert werden. „Aber grundsätzlich sind wir ansprechbar für jeden, unabhängig von Religion und Konfession“, betont Pastor Alexander Letz aus Wermelskirchen.
Angebot: Die Seelsorger bieten Gottesdienste und Gespräche am Krankenbett an. Auch bei ethischen Fragen werden die Seelsorger von den Ärzten gelegentlich mit ans Krankenbett hinzugezogen.
Quelle: Remscheider General-Anzeiger (15.01.2022)
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